Glykation

 

Verändern sich Glukose-Moleküle durch Oxidation oder Reduktion, so neigen sie zur Reaktion mit freien Aminosäuren von Proteinen, aber auch mit ungesättigten Fettsäuren und Nukleinsäuren (z.B. in der DNS). Diese Reaktion wird, sofern daran keine Enzyme beteiligt sind, als Glykation bezeichnet (auch Glycation, Glykierung oder Verzuckerung).

Dabei entstehen Advanced Glycation End Products (AGE), eine heterogene und vielfältige Gruppe von Makromolekülen, auch Glykoprodukte oder Glykotoxine genannt, da diese teils gesundheitsschädlich sind.

Die enzymatische Reaktion von Glukose mit Proteinen und Lipiden wird als Glykosylierung bezeichnet.

Glykation kann exogen oder endogen erfolgen, das heißt außerhalb oder innerhalb des Körpers. Glykoprodukte können also auch mit der Nahrung aufgenommen werden.

Fruktose-Moleküle verändern sich ebenfalls durch Oxidation oder Reduktion und neigen wie oxidierte oder reduzierte Glukose-Moleküle zur Reaktion mit freien Aminosäuren, Fettsäuren und Nukleinsäuren. Der zur Glykation analoge Prozeß wird Fruktation genannt.

 

Belastung durch Glykotoxine

Auf vierfache Weise wird der Organismus durch Glykotoxine belastet:

  1. Intrazellulär infolge der normalen energetischen Verwertung von Glukose (Glykolyse).
  2. Extrazellulär, in Blut, Gewebe- und Lymphflüssigkeit oder im Kammerwasser, das die Augenlinsen umgibt.
  3. Bei der Verdauung.
  4. Aufnahme mit der Nahrung (vor allem über protein- und fettreiche Nahrung, besonders wenn diese erhitzt ist).

 

Glykotoxine entstehen hauptsächlich bei Erhitzung der Nahrung durch Maillard-Reaktion.

Die Konzentration von Glykoprodukten in roher, unerhitzter Nahrung liegt bei nur etwa einem Hundertstel dessen, was in stark erhitzter Nahrung festzustellen ist.

Einflußfaktoren bei der Bildung von Glykotoxinen

  • Der Gehalt an Glykotoxinen ist in fett- und proteinreicher Nahrung hoch bis sehr hoch, in zucker- und stärkehaltiger Nahrung hingegen niedrig bis sehr niedrig. (Der Verzehr zucker- und stärkehaltiger Nahrung führt allerdings zum Blutzuckeranstieg und fördert dadurch die Bildung von Glykoprodukten.)
  • – Je stärker fett- und proteinhaltige Nahrung erhitzt wird, desto höher ist der Gehalt an Glykotoxinen.
  • Dauer der Erhitzung.
  • Art der Erhitzung. – Unter der Einwirkung von Wasser und Dampf beim Kochen, Dünsten und Dämpfen werden relativ wenig Glykotoxine gebildet im Vergleich zum Rösten, Grillen, Braten, Fritieren oder Backen.
  • Das Erhitzen wasserreicher fett- und proteinhaltiger Nahrung ist weniger schädlich als das Erhitzen trockener Nahrungsmittel.
  • Selbst rohe fett- und proteinreiche Nahrung ist ziemlich stark durch Glykotoxine belastet.
  • Fabriknahrungsmittel enthalten mehr Glykotoxine als zu Hause zubereitete Gerichte.

 

Eine Orientierung über den Gehalt an Glykotoxinen in der Nahrung geben diese Daten:

http://inhumanexperiment.blogspot.de/2009/09/age-content-of-foods.html

ausführlicher hier (siehe Anhang):

http://marshfieldceliac.weebly.com/uploads/2/5/5/7/2557865/ada_ages_in_food_reduction1.pdf

 

Zusammenfassung

  • Extrem hoch ist die Belastung in Butter (300.000 Einheiten pro Gramm) und lange gereiftem Käse (bis 170.000 E/g). Der Grund dafür ist die Alterung, die mit einer besonderen Veränderung des Geschmacks einhergeht. Doch selbst bei Frischkäse ist der Gehalt an Glykotoxinen recht hoch. Die hohe Belastung von Käse wie auch von Fleisch ist auf den hohen Gehalt an reaktiven Aminolipiden zurückzuführen.
  • Besonders hoch ist die Belastung in Margarine, Pflanzenöl, Schmalz und Fett, aber auch in gerösteten Nüssen sowie Nußmus, das aus gerösteten Nüssen gewonnen wurde.
  • Beachtlich ist die Belastung selbst in naturbelassenen Nüssen, aber auch in Ölfrüchten wie Avocados und Oliven.
  • Sehr hoch in gebratenem und gegrilltem Fleisch und Fisch sowie in Wurst.
  • Mäßig viel ist in rohem Fisch enthalten (5.000 bis 7.000 E/g).
  • Sehr viel in gerösteten Kaffeebohnen.
  • Wenig in frischer Milch und Joghurt. Milchpulver und Babymilchpulver enthalten das Hundertfache an Glykotoxinen gegenüber dem, was in frischer Kuh- bzw. Muttermilch zu finden ist.
  • Wenig in rohem Ei. Gekocht mäßige und gebraten hohe Belastung.
  • Bei Brot, gekochtem Reis, Mais und anderen stärkehaltigen Nahrungsmitteln hält sich die Belastung in Grenzen. Sie erhöht sich allerdings beträchtlich durch Zugabe von Butter, Margarine und Öl, durch Kombination mit Wurst und Käse. Besonders hoch ist die Belastung bei Kartoffelchips oder überbackenem Käse, etwa bei Pizza, Toast und Gratin. – Bei stärkehaltiger Nahrung mit hoher glykämischer Wirkung wird jedoch die endogene Bildung von Glykoprodukten stark gefördert.
  • Trockene stärkehaltige Nahrungsmittel wie Kekse, Kräcker und Chips enthalten recht viel Glykotoxine.
  • Die Belastung von fetthaltigem Gebäck und Kuchen ist recht hoch.
  • In rohem Obst und Gemüse ist die Belastung minimal.
  • Beim Kochen und Dämpfen von Gemüse werden nur wenig Glykotoxine gebildet, was auf den hohen Wassergehalt und den geringen Gehalt an Protein und Fett zurückzuführen ist.

Tierversuche zeigen, daß sich mit beständig hoher Aufnahme an Glykotoxinen die Lebensdauer verringert, degenerative Erkrankungen im Alter sich häufen und diese früher auftreten.

 

Gegenmaßnahmen

  • Viel Rohkost.
  • Beschränkung der Zucker- und Stärkezufuhr auf ein gesundes Maß.
  • Kein Fabrikzucker (egal in welcher Form und mit welcher Bezeichnung), keine Süßigkeiten und keine Süßspeisen
  • Kein Honig.
  • Keine Trockenfrüchte.
  • Stärkereiche Nahrung mit viel Gemüse kombinieren.
  • Zubereitung bevorzugt über Dämpfen und Kochen.
  • Kein Braten und Fritieren.

 

Die gesundheitlichen Konsequenzen

Die Anreicherung von Glykotoxinen in den Geweben, die mit zunehmendem Alter und verstärkt ab dem 30. bis 45. Lebensjahr einsetzt, ist eine wesentliche Ursache der Alterung und Entwicklung degenerativer Schäden und Erkrankungen. Die Menschen werden alt, krank und häßlich.

Die Zellteilung wird gehemmt und dadurch verlangsamt sich die Gewebeerneuerung.

 

Nun zu den Folgen. Glykoprodukte (AGE) reagieren mit Rezeptoren der Zellmembranen und im Innern der Zellen. Dadurch wird der Zellstoffwechsel auf vielfältige Weise gestört. Hormone wirken nicht mehr wie gewohnt und die Hormonbotschaften werden verfälscht, selbst wenn noch genügend Hormone freigesetzt werden.

Eine Folge davon ist die Entwicklung einer Insulinresistenz, die wiederum mit erhöhtem Blutzucker- und Insulinspiegel einhergeht und letztlich zur Anreicherung von Glykoprodukten in den Geweben führt.

Die Veränderung von Rezeptoren durch reaktive Glykoprodukte ist auch eine Ursache chronischer Entzündungen in den Geweben, was zur allmählichen Schädigung beiträgt.

Die Ansammlung von Glykoprodukten im Gewebe hat Veränderungen der Proteinstruktur zur Folge, wodurch sich das Risiko von Autoimmunreaktionen und -erkrankungen erhöht.

Auch Allergien werden gefördert.

Glykoprodukte können Entgiftungsenzyme wie Superoxid-Dismutase (SOD) hemmen. Dadurch wird die Funktion der Entgiftungssysteme geschwächt.

Glykoprodukte reagieren mit elastischen und kollagenen Fasern, vernetzen diese miteinander, so daß sie ihre Funktion einbüßen. Die Kollagenbildung wird gestört, das Gewebe verhärtet mit der Zeit und es entwickelt sich allmählich eine Fibrose.

Die dadurch bedingte Verhärtung der Sehnen und Bänder macht die Menschen im Alter steif, wenn dem nicht durch Dehnungsübungen entgegengewirkt wird.

Glykation im Knorpelgewebe fördert Arthritis und Bandscheibenschäden.

Auch die Haut verliert ihre Geschmeidigkeit, sie wird dünn, faltig und runzlig, sie verfärbt sich durch großflächige Pigmentstörungen und wird fleckig (Altersflecken). Andere Faktoren, welche die Hautalterung beschleunigen wie UV-Strahlung und Tabakrauch, verstärken die Schadwirkung.

Ebenso werden die Kollagenfasern der Arterien durch Glykation geschädigt. Die Arterienwände verhärten, was Arteriosklerose und Bluthochdruck fördert. Auch die Endothelzellen (innere Zellschicht der Blutgefäße) nehmen Schaden, was zur Verschlechterung der Durchblutung führt. Außerdem können sich kleine und größere Aneurismen entwickeln (Aussackung der Blutgefäße infolge der Schädigung der Kollagenfasern).

Die Aussackung von Venen geht gleichfalls zu Lasten der Kreislauf-Funktion.

Die Basalmembran, die sich hinter der Endothelschicht der Kapillarwand befindet, wird durch Ansammlung reaktiver Glykoprodukte verdickt (bei Diabetikern bis zum Fünffachen) und verliert ihre gute Durchlässigkeit. Das wiederum fördert Stoffwechselentgleisung und die degenerative Schädigung von Zellverbänden. Sind funktionell wichtige Zellverbände betroffen, so geht das auf Kosten der Organfunktion und kann bis zum Organversagen führen.

Ist die Leber betroffen, so läßt ihre Funktion nach und vielfältige Stoffwechselstörungen sind die Folge.

Werden die Betazellen der Bauchspeicheldrüse geschädigt, entwickelt sich aus einer Insulinresistenz allmählich Diabetes vom Typ 2, sobald die geschädigte Bauchspeicheldrüse nicht mehr in der Lage ist, die großen Mengen an Insulin zu bilden, die für den Transport von Glukose aus dem Blut in die Muskelzellen nötig sind.

Werden die Blutplättchen durch Glykotoxine geschädigt, erhöht sich die Neigung zu Blutgerinnseln und damit das Infarktrisiko. Auch LDL-Partikel können verändert werden, wodurch sich ebenfalls das Risiko für Gefäßverschlüsse erhöht (z.B. Infarkt in Herz, Gehirn oder Nieren).

Durchblutungsstörungen sind gleichfalls darauf zurückzuführen. Das kann im Extremfall dazu führen, daß bestimmte Gewebe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden und partiell absterben, wie es sich bei Zuckerkrankheit im fortgeschrittenen Stadium oft ereignet. Gewebetod bei Diabetikern erfordert die Amputation von Zehen, Füßen, mitunter sogar von Beinen. Auch die Augennetzhaut bei vielen Diabetikern ist geschädigt, was schlimmstenfalls zur Erblindung führt.

Doch auch ohne Diabetes können sich durch Glykotoxine Retinopathien entwickeln (Schädigung der Augennetzhaut), einschließlich Makula-Degeneration.

Die Augenlinse ist ebenfalls durch Glykation gefährdet, was zu ihrer Eintrübung (grauer Star) führt.

Das Kammerwasser der Augen fließt über das Trabekelwerk, den Schlemm-Kanal und ein feines Venengeflecht ab. Reichern sich in diesem Bereich Glykoprodukte an und bilden durch Polymerisation Makromoleküle, so wird der Abfluß gehemmt und es entwickelt sich ein erhöhter Augeninnendruck, was schließlich zum Glaukom (grüner Star) und infolge der Schädigung des Sehnervs schlimmstenfalls zur Erblindung führen kann.

Gehirn und Nervengewebe sind durch Glykation besonders gefährdet. Neurodegenerative Erkrankungen werden gefördert wie Alzheimer-Demenz, Parkinson und Schäden an peripheren Nerven (Neuropathie infolge der Schädigung der Myelinummantelung der Nervenfasern). Letzteres zeigt sich durch Fehlempfindungen und Taubheitsgefühle.

Die Reaktion von Glykoprodukten mit Nukleinsäuren in der DNS kann zu genetischen Schäden führen.

Durch Glykation verursachte degenerative Gewebeschäden erhöht sich das Risiko von Krebserkrankungen.

 

Akute Störung der Endothelfunktion durch Glykotoxine

Bei einer Untersuchung mußten Diabetes-Patienten (Typ 2) eine Mahlzeit essen, die reich an Glykotoxinen war. Die Kapillardurchblutung verringerte sich dadurch um 67 Prozent (mikrovaskuläre Funktionsstörung)! Die Erweiterungskapazität der großen Blutgefäße nahm um 36 Prozent ab (makrovaskuläre Funktionsstörung).[i]

Eine Ernährung, die reich an Glykotoxinen ist, beschleunigt also nicht nur langfristig die Alterung und das Entstehen degenerativer Erkrankungen, sie hat auch eine starke akut störende Wirkung auf die Funktion der Blutgefäße.

[i] Negrean, et al.: Effects of low- and high-advanced glycation endproduct meals on macro- and microvascular endothelial function and oxidative stress in patients with type 2 diabetes mellitus. Am. J. Clin. Nutr. 2007; 85(5): 1236-43. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17490958