Lebensbedürfnis Stille

 

Ruhe und Stille

 

Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen,
wie die Cholera und die Pest.   –   Robert Koch

 

Lärm streßt und macht krank. Ruhe ist ein Lebensbedürfnis, besonders wenn man sich ausruhen und erholen will.

Wir brauchen ungestörte Stille, wenn wir nachdenken und geistig arbeiten, wenn wir uns konzentrieren und innerlich sammeln wollen.

Während der Nachtruhe können bereits schwache Geräusche stören. Für die Streßwirkung ist also nicht unbedingt die Lautstärke bzw. der Schalldruckpegel entscheidend, sondern inwieweit man sich durch den Lärm gestört fühlt. Die Streßwirkung ist individuell unterschiedlich und in der Schlafenszeit besonders hoch.

Wenn am geöffneten Fenster öfters Autos vorüberfahren oder wenn das Gebläse einer Lüftungsanlage rauscht, kann es passieren, das wir das gar nicht mehr bewußt wahrnehmen und uns dieser Störung nicht mehr bewußt sind. Dennoch registriert unser Gehirn diese Geräusche und sie wirken trotzdem als Streßfaktor.

 

Keine Anpassung an den Lärm

An Lärm gewöhnt man sich nicht. Lärm streßt unvermindert. Man stumpft allenfalls ab. Und nur die Stumpfsinnigen nehmen Lärm gleichgültig hin. Die Empfindsamen werden zur Verzweiflung getrieben.

„Lärm trifft den Nerv einer feinsinnigen Natur“, so Peter Rudl. „Einen Geistesmenschen kann er sogar um den Verstand bringen.“

Lärm stört das Denken

„Zu laut und zu industriell wird die Menschheit, zu wenig geistige Ruhe hat sie“, klagte schon Dostojewski.

„Lärm ist der Mörder der Gedanken“, stellte Schopenhauer fest. „Der Lärm ist die impertinenteste aller Unterbrechungen, da er sogar unsere eigenen Gedanken unterbricht, ja zerbricht. Wo jedoch nichts zu unterbrechen ist, da wird er freilich nicht sonderlich empfunden werden.“

Goethe: „Manche Töne sind mir Verdruß, doch bleibet am meisten Hundegebell mir verhaßt; kläffend zerreißt es mein Ohr.“

„Die allgemeine Toleranz gegen unnötigen Lärm“, so Schopenhauer, „z. B. gegen das so höchst ungezogene und gemeine Türenwerfen, ist geradezu ein Zeichen der allgemeinen Stumpfheit und Gedankenleere der Köpfe. In Deutschland ist es, als ob es ordentlich darauf angelegt wäre, daß, vorm Lärm niemand zur Besinnung kommen solle.“

An anderer Stelle heißt es: „Als den unverantwortlichsten und schändlichsten Lärm habe ich das wahrhaft infernale Peitschenklatschen in den hallenden Gassen der Städte zu denunzieren, welches dem Leben alle Ruhe und Sinnigkeit nimmt. Nichts gibt mir vom Stumpfsinn und der Gedankenlosigkeit der Menschen einen so deutlichen Begriff wie das Erlaubtsein des Peitschenklatschens. Dieser plötzliche, scharfe, hirnlähmende, alle Besinnung zerschneidende und gedankenmörderische Knall muß von jedem, der nur irgend etwas, einem Gedanken Ähnliches im Kopfe herumträgt, schmerzlich empfunden werden: jeder solcher Knall muß aber Hunderte in ihrer geistigen Tätigkeit, so niedriger Gattung sie auch immer sein mag, stören: dem Denker aber fährt er durch seine Meditationen so schmerzlich und verderblich, wie das Richtschwert zwischen Kopf und Rumpf. … Hammerschläge, Hundegebell und Kindergeschrei sind entsetzlich; aber der rechte Gedankenmörder ist allein der Peitschenknall.“

Heutzutage ist es nicht mehr das Peitschenknallen, sondern die laute Beschallung über Lautsprecher, Geschrei und Motorenlärm, mit der die Stumpfsinnigen ihre Nachbarn nerven.

 

Gegen die akustische Umweltverschmutzung

Der akustische Raum ist Gemeingut. Er gehört allen! Nehmt Rücksicht! Vermeidet unnötigen Lärm und die Beschallung anderer!

Das Recht auf Stille ist zu schützen. Zum Eigentumsrecht an Grund und Boden gehört nun einmal das Recht auf Ruhe, das sich auf Mieter und Pächter überträgt, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart ist. Ruhe ist der Naturzustand und als solcher in der Regel zu akzeptieren.

Unnötige Beschallung durch Lautsprecher ist zu vermeiden und per Gesetz zu verbieten. Die Nachbarn dürfen nicht gestört werden. Wenn jemand Musik hören will, oder irgendwelche rhythmischen Klänge, so kann er das tun, solange sich niemand gestört fühlt.

So dichtete weiland schon Wilhelm Busch, wohlgemerkt zu einer Zeit, als es noch keine Lautsprecher gab:

Musik wird oft nicht schön gefunden,
Weil sie stets mit Geräusch verbunden.

Auch lautes Geschrei und Gelärme sind notfalls als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Zu den guten Sitten gehört es, nicht zu schreien und nicht zu lärmen. Kinder sind entsprechend zu erziehen.

Arbeiten, die mit Lärm verbunden sind, sollten möglichst nicht zu Ruhezeiten durchgeführt werden, nicht während der Nacht oder der Mittagsruhe, nicht sonntags oder feiertags.