Vitamin-B12-Mangel

 

Belastung durch Homocystein bei Vitamin-B12-Mangel

Homocystein entsteht als Zwischenprodukt beim Abbau der Aminosäure Methionin. Für die Rückumwandlung ist Vitamin B12 erforderlich. Mangelt es daran, steigt im Blut der Homocysteinspiegel an, was als Risikofaktor für Arteriosklerose, Thrombosen (Blutgerinnsel) und Nervenschäden gewertet wird. Arteriosklerose wiederum hat Bluthochdruck und Durchblutungsstörungen zur Folge. Sie läßt das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenschäden ansteigen, ebenso für Demenz, Makula-Degeneration und andere Netzhautschäden.

Die Ursachen für den gestörten Abbau von Homocystein und erhöhte Blutwerte sind jedoch vielfältig: Rauchen, Alkoholkonsum, Fehlernährung, reichlicher Kaffeekonsum und Bewegungsarmut. Neben Mangel an Vitamin B12 kann auch ein Mangel an Folsäure (Vitamin B9 ) dazu führen. Die gesteigerte Zufuhr von Folsäure vermag jedoch nicht einen Vitamin-B12-Mangel auszugleichen, weil die Aktivierung von Folsäure auch von Vitamin B12 abhängig ist. Deshalb leiden Vegetarier mit Vitamin-B12-Mangel selbst bei guter Versorgung mit Folsäure unter einem hohen Homocysteinspiegel. Auch Vitamin B6 ist von Bedeutung, das zur Umwandlung von Homocystein in die Aminosäure Cystein erforderlich ist.

 

Störung der Zellteilung

Einem zellulären Vitamin-B12-Mangel folgt ein Mangel an Tetrahydrofolsäure (H4 Folat), der biologisch aktiven Form der Folsäure, wodurch die Bildung von Adenin, Guanin und Thymidin gehemmt wird. Das wiederum stört bei der Zellteilung die Duplikation der Erbsubstanz, der Desoxyribonukleinsäuren (DNS) und der Ribonukleinsäuren (RNS). Das geht besonders zu Lasten der Zellen mit hoher Teilungsrate.

Vitamin B12 ist notwendig, damit sich bei Unfall, Verletzung oder Operation das geschädigte Gewebe schnell erneuern kann. Auch die Heilung eines Knochenbruchs, der rasche Aufbau neuen Knochengewebes erfordert Vitamin B12.

 

Ausführlich dazu in dem Buch: Volkskrankheit Vitamin-B12-Mangel. Über die schwerwiegenden Folgen geringer Zufuhr, gestörter Aufnahme und Verwertung von Vitamin B12.

Störung der Blutbildung

Bei starkem Vitamin-B12-Mangel wird die Bildung von Blutzellen im Knochenmark gestört (Panzytopenie). Es kommt zur Verminderung der Anzahl roter Blutkörperchen (Erythrozyten), weißer Blutkörperchen (Leukozyten) und der Blutplättchen (Thrombozyten).

Eine typische Folge ist Anämie, die Anzahl der roten Blutkörperchen geht zurück. Dieser Mangel wird teilweise dadurch ausgeglichen, daß in den roten Blutkörperchen vermehrt Hämoglobin eingelagert wird. Folglich vergrößern sich die roten Blutkörperchen, was als makrozytäre Anämie bezeichnet wird (mit vergrößerten roten Blutzellen). Allerdings besteht dabei meist auch eine Tendenz zur Verringerung des Gesamthämoglobingehalts.

 

Myelinschäden und Störung der Nervenfunktion

Die Übertragung von Signalen über die Nervenfasern erfordert eine gute Isolierung, die durch die Myelinummantelung, eine phospholipidhaltige Biomembran, ermöglicht wird. Vitamin B12 wird gebraucht zur Bildung von Phospholipiden und damit zur Bildung und Regeneration der Myelinmembranen. Auch die Mineralstoffe Magnesium und Mangan sind zur Aktivierung der daran beteiligten Enzyme erforderlich. Fehlt es an Vitamin B12, nimmt die Myelinummantelung allmählich Schaden. In der Folge wird die Nervenfunktion gestört (zunächst weitgehend reversibel), bis die ungeschützten Nervenfasern degenerieren und schließlich absterben, was oft mit bleibenden Nervenschäden verbunden ist. Die Beschwerden und Erkrankungen dieser Funikulären Myelose sind vielfältig und schwerwiegend. Um dies zu vermeiden, muß der Vitamin-B12-Mangel rechtzeitig behoben werden.

 

Störung bei der Bildung von Hormonen und Neurotransmittern

Vitamin B12 ist auch notwendig zur Bildung von S-Adenosylmethionin (SAM), das zur Synthese einiger Hormone und Neurotransmitter (Nervenbotenstoffe) wie Adrenalin und Acetylcholin gebraucht wird. Können diese nicht mehr in ausreichendem Maße hergestellt werden, wird die hormonelle Steuerung von Stoffwechselprozessen gestört. Ein Mangel an Neurotransmittern führt zur Störung der Hirn- und Nervenfunktion. In der Folge können sich vielfältige geistige und seelische Störungen entwickeln.

Die Inaktivierung von Histamin ist gleichfalls von SAM und damit indirekt von Vitamin B12 abhängig. Histamin wirkt als Gewebe- und Nervenbotenstoff (Hormon und Neurotransmitter) mit vielfältigen Funktionen bei Immunabwehr, allergischen Reaktionen, Entzündungsreaktionen, Magensäurebildung, Appetitkontrolle und der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus.

 

Hemmung der Methylierung

Das von Vitamin B12 abhängige S-Adenosylmethionin ist auch für die Methylierung (Transfer von Methylgruppen) erforderlich und damit für die Energiegewinnung in den Zellen, die Entgiftung mittels Transsulfuration, die Reparatur und Duplikation der Desoxyribonukleinsäure (DNS), also für die korrekte Weitergabe des genetischen Codes mit jeder Zellteilung sowie für die epigenetische Veränderung (Aktivierung und Deaktivierung) von Chromosomen.

Methylierung ist für die Funktionstüchtigkeit von Zellen, Geweben und Organen von entscheidender Bedeutung. Probleme bei der Methylierung haben Schwäche, Verschlechterung des Befindens und Abnahme der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit zur Folge. Halten diese Störungen bei der Methylierung an, kommt es zu gesundheitlichem Verfall. Auch die Fortpflanzung kann gestört werden. Vitamin-B12-Mangel hat somit über die Hemmung der Methylierung tiefgreifende Folgen.

 

Hemmung der Energiegewinnung in den Zellen

Der Citratzyklus (Zitronensäurezyklus) läuft in den Mitochondrien ab und ist wesentlich für die oxidative Energiegewinnung der Zellen. Die Einschleusung bestimmter Fettsäuren sowie Teilen des Kohlenstoffgerüstes der Aminosäuren Valin, Isoleucin, Threonin und Methionin in den Citratzyklus ist von den Vitaminen B7 (Biotin) und B12 abhängig: Die Umwandlung von Propionyl-CoA in Methylmalonyl-CoA erfordert Biotin und für die Umwandlung von Methylmalonyl-CoA-Mutase in Succinyl-CoA wird Vitamin B12 gebraucht. Hier zeigt sich ebenso wie bei der Zellteilung und dem Abbau von Homocystein, wie verschiedene B-Vitamine ineinandergreifende Stoffwechselreaktionen bewirken, daß es also auf den ganzen Vitamin-B-Komplex und nicht nur auf einzelne B-Vitamine ankommt.

Bei Vitamin-B12-Mangel wird dieser Prozeß gehemmt und die Umwandlung von Methylmalonyl-CoA-Mutase zu Succinyl-CoA in den Zellen gestört. Folglich steigt die Konzentration an Methylmalonsäure im Blutplasma und im Urin an – beides Indikatoren für einen zellulären Vitamin-B12-Mangel.

Die Hemmung der Energiegewinnung in den Zellen aufgrund eines Vitamin-B12-Mangels führt zu ständiger Müdigkeit und schneller Erschöpfung bei Anstrengungen, unter Umständen auch zu Muskelschwäche. Die Grenze der Belastbarkeit ist schnell erreicht und die Erholung erfordert viel Zeit. Diese Störung ist wesentlich für das Burnout-Syndrom, das durch Apathie, Lustlosigkeit und ein Gefühl des Ausgebranntseins gekennzeichnet ist.